Neonazis schändeten Denkmal an die Opfer der Köpenicker Blutwoche

Person, die dies zur Anzeige brachte, musste sich gegenüber dem lokalen Polizeiabschnitt dafür rechtfertigen

In Köpenick kommt es aktuell zu immer mehr Sprühereien von Neonazis. Am vorletzten Wochenende wurde nun das Denkmal für die Opfer der „Köpenicker Blutwoche“ am Platz des 23. April mit dem Spruch „Demokratie=Volkstod“ besprüht. Bisher konnten Neonazis ihre Parolen ungestört von der Polizei verbreiten. Stattdessen musste sich nun die Person, die Schändung des Denkmals anzeigte, gegenüber dem örtlichen Polizeiabschnitt 66 rechtfertigen. Unter anderem wurde die Person mit der Frage bedrängt, was sie denn in Köpenick zu suchen habe. Fragen zu den gesprühten Parolen der Neonazis wurden dagegen keine gestellt. Die „Berliner Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten e.V [VVN-BdA]“ merkt dazu richtig an, dass es sich hier um ein altbekanntes Muster handelt: Nicht bei den Neonazis, etwa bei der nur 200 Meter vom Tatort entfernten NPD-Bundeszentrale wird ermittelt, sondern die Überbringer*innen der schlechten Nachricht werden misstrauisch beäugt. [¹]

Das jetzige Verhalten des Abschnitts zeigt erneut, welche Priorität die Bekämpfung von neonazistischen und rassistischen Aktivitäten für den Abschnitt 66 hat. Bereits in der Vergangenheit ereigneten sich prägnante Beispiele, die das verdeutlichen. So gestatte der Abschnitt Ende 2014 einem Aufmarsch von 450 Neonazis und anderen Rassist*innen direkt an der von Geflüchteten bewohnten Unterkunft in der Salvador-Allende-Straße vorbeizumarschieren. Unter den Bewohner*innen im Haus brach daraufhin Panik aus. Als in diesem Zeitraum wöchentliche NPD-Aufmärsche im Köpenicker Allende-Viertel stattfanden, nahmen hochrangige NPD-Funktionär*innen an den regelmäßig stattfindenden Kooperationsgesprächen im Abschnitt 66 teil. Die Verantwortlichen verschwiegen aber, dass es sich um führende Köpfe der Berliner Neonaziszene handelte und behaupteten stattdessen vehement, dass es sich bei den Personen nur um besorgte Bürger*innen handele. Ein anderes Beispiel aus dem Frühling 2015 ist eine Versammlung, mit der die rechte Kleinpartei „Pro Deutschland“ Hass gegen Geflüchtete verbreitete und die neben der schon erwähnten Unterkunft in der Salvador-Allende-Straße stattfinden konnte. Dies sah der Abschnitt 66 nicht als problematisch an. Es wurde sich stattdessen darauf konzentriert die antifaschistische Gegenkundgebung zu schikanieren, die über hundert Meter davon entfernt stattfinden musste. Ein drittes Beispiel sind die wöchentlichen Kundgebungen zu Beginn des Jahres 2016, die Neonazis direkt vor der Notunterkunft in der Glienicker Straße in Köpenick abhalten konnten. Auch hier gestatte der Abschnitt 66 es den Neonazis – die durch schwarz-weiß-rote Fahnen, Hakenkreuz-Tätowierungen und einem NS-verharmlosenden Transparent auffielen – direkt vor der Unterkunft Geflüchtete einzuschüchtern.

Dass Neonazis in Köpenick von Seiten der Polizei gerade wieder das Leben leicht gemacht wird, zeigt nicht nur die Schändung des Denkmals für die Opfer der Köpenicker Blutwoche, mit dem an die ersten Opfer des nationalsozialistischen Terrors in Köpenick gedacht wird. Bereits seit Wochen sprühen Neonazis immer mehr rechte Parolen im Ortsteil. Immer mehr Stromkästen werden von oben bis unten schwarz-weiß-rot angesprüht und sind nicht zu übersehen. Das sich dann ausgerechnet Menschen gegenüber dem Abschnitt rechtfertigen müssen, die Neonazipropaganda anzeigen, zeigt in erschreckender Weise die Gleichgültigkeit der Polizei im Ortsteil gegenüber rechtsradikalen Aktivitäten.

Wir schließen uns der Berliner VVN-BdA an und fragen uns, warum der Polizei die Tat nicht selbst und schon früher aufgefallen ist. Hier fehlt nach wie vor die Aufmerksamkeit und Sensibilität und sicherlich auch die Empathie gegenüber gefährdeten Orten und Personen. Bis heute fehlen Ermittlungsergebnisse der Berliner Polizei zu Angriffen und Anschlägen von neonazistischen Täter*innen, vor allem in Neukölln, aber auch in Treptow-Köpenick.

 

[¹] Die ganze Pressemitteilung der Berliner VVN-BdA findet sich hier:  http://berlin.vvn-bda.de/2017/11/neonazis-schaendeten-denkmal-an-die-opfer-des-faschismus-am-platz-des-23-april-in-koepenick-mit-dem-spruch-demokratievolkstod/

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