250 Menschen protestieren gegen Nazi- und Rassist*innen-Aufmarsch im Köpenicker Allende-Viertel – Polizeigewalt überschattet die Proteste

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Erstmals im neuen Jahr haben Neonazis und rassistische Anwohner*innen wieder gegen die neue Container-Unterkunft für Geflüchtete im Allende-Viertel protestiert. Trotz einer Aufmarschroute durch das Allende-Viertel I und II bis zur Altstadt Köpenick, brachten die Rassist*innen am 9. Januar 2015 nur etwa 80 Menschen auf die Straße (die meisten davon waren angereiste Neonazis aus anderen Stadtteilen). Auf der anderen Seite haben sich dagegen rund 250 Menschen für Solidarität mit Geflüchteten und mit Betroffenen von rechten Brandanschlägen positioniert.

Der rechte Aufmarsch wurde wie gehabt von NPD-Kadern angeführt, was ja mittlerweile auch der Verfassungsschutz registriert hat. Andreas Käfer, NPD-Vorsitzender von Marzahn-Hellersdorf, unterhielt seinen Aufzug durch den NPD-Lautsprecherwagen mit rassistischen Parolen. NPD-Landeschef Sebastian Schmidtke und der Betreiber der Facebook-Seite „Nein zum Containerdorf“, Ingolf Pabst, waren ebenso anwesend und bedrohten und beschimpften Menschen am Rande ihres Aufmarsches. Trotz mehrwöchiger interner und einwöchiger öffentlicher Mobilisierungszeit und einem zweimonatigen Schattendasein des NPD-Aufmarsches in dunklen Köpenicker Nebenstraßen, folgten dem Aufruf der Neonazipartei nur 80 Menschen. Die „Heimgegner“ sind also weiterhin in der Defensive.

Dem Aufruf von Uffmucken und dem Bündnis für Demokratie und Toleranz Treptow-Köpenick, gegen den rassistischen Aufmarsch zu protestieren und sich mit Geflüchteten zu solidarisieren, folgten dagegen 250 Menschen. Der rechte Aufzug konnte sogar kurzzeitig von Antifaschist*innen blockiert werden. Im Kreuzungsbereich vor dem Allende-Center hielten sich mehr als 100 Menschen auf, die gegen den Aufmarsch protestierten. Dabei kam es zu brutaler Polizeigewalt: Ohne Räumungsaufforderung griffen Polizeieinheiten die friedlichen Protestierer*innen an und räumten die Straße. Dabei kam es zu etwa zehn grundlosen gewalttätigen Festnahmen. Auch nachdem der Nazi- und Rassist*innen-Aufmarsch bereits beendet war, zeigte die Polizei weiterhin Härte und nahm Teilnehmer*innen einer angemeldeten Spontandemonstration grundlos fest.

Bereits vor Beginn des Aufmarsches kam es zu einem Angriff auf friedliche Menschen, die sich an den Gegenprotesten beteiligen wollten: Ohne Vorwarnung schlugen Polizist*innen am Schloßplatz auf sie ein. Erst als sie darauf hinwiesen, dass es ihr Recht ist, gegen den menschenverachtenden Aufmarsch zu protestieren, wurde der konkrete Polizeiangriff beendet. Dies reiht sich in das politisch motivierte Polizeivorgehen ein, dass sich schon im Vorfeld zeigte: Menschen, die sich mit Geflüchteten solidarisieren und sich gegen menschenverachtende rassistische Hetze wenden, wird das Leben schwer gemacht, während Neonazis und andere Rassist*innen ungestört Bedrohungen aussprechen und Gewalttaten verüben können. Schon vor dem 9. Januar wurde versucht, einen ordentlichen Ablauf von angemeldeten Gegenversammlungen mit rechtswidrigen Mitteln unmöglich zu machen. Anmelder*innen mussten sich wildeste Unterstellungen gefallen lassen. Mittlerweile schreckt die Polizei auch nicht mehr davor zurück, mit grundlosen Strafverfahren Anmelder*innen von Versammlungen zur Solidarität mit Geflüchteten einzuschüchtern.

Auf der anderen Seite bleiben Straftaten von Neonazis und anderen Rassist*innen im Südosten Berlins ohne Konsequenzen. Innerhalb weniger Tage verübten diese drei Brandanschläge gegen Autos von Unterstützer*innen von Geflüchteten. Es kommt regelmäßig zu Bedrohungen gegen Unterstützer*innen und gegen Geflüchtete. Und direkte Gewalt gegen Geflüchtete ist auch kein Tabu: Erst am Donnerstagmorgen wurde eine Flasche gegen das neueröffnete Containerlager im Allende-Viertel geworfen und gebrüllt: „Wir fackeln euch alle ab“, was dazu führte, dass sich die dort wohnenden Kinder nicht mehr in die Schule trauten. Dass so ein Ausspruch nicht nur leere Drohung ist, zeigte der vor einem halben Jahr verübte Brandanschlag auf die schon vorher bestehende Geflüchteten-Unterkunft im Allende-Viertel.

Von diesen Schikanen ließen sich die Gegendemonstrant*innen am Freitag aber nicht abschrecken: Auf einer Kundgebung zur Solidarität mit Geflüchteten an der Salvador-Allende-Straße versammelten sich etwa 150 Menschen, die sich auch mit Hans Erxleben solidarisierten und den rechten Brandanschlag auf sein Auto wenige Tag zuvor verurteilten.

Obwohl am 9. Januar somit Neonazis und andere Rassist*innen durchs Allende-Viertel laufen konnten, waren die antifaschistischen Gegenaktionen erfolgreich. Auch diesmal konnten die „Heimgegner“ nicht an den beiden bestehenden Geflüchteten-Unterkünften vorbeimarschieren. Gegenprotest konnte den Aufmarsch zeitweise sogar blockieren. Für den 16. Januar kündigt die NPD bereits die „7. Bürgerdemo“ an. Antifaschistische Proteste werden diesen Plänen jedoch einen Strich durch die Rechnung machen und die menschenverachtende Hetze der „Heimgegner“ nicht unwidersprochen lassen. Für Rassismus darf auch im Allende-Viertel weiterhin kein Platz sein! Wir danken allen, die trotz des stürmischen und regnerischen Winters Woche für Woche mit uns in Köpenick demonstrieren!

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